Auf Einladung von Lars-Arne Dannenberg und Matthias Donath habe ich gern einen Aufsatz geschrieben zum Thema „Jüdischer Adel in Sachsen?“. Der Beitrag ist zunächst erschienen in einem von den beiden herausgegeben Sammelband zu „Aufstieg und Integration in den Adel“ in Sachsen, der 2021 erschien, [1] und wurde 2023 unverändert abgedruckt im Themenheft „Gekommen, um zu bleiben. Migration nach Sachsen im historischen Kontext“ der Sächsischen Heimatblätter, welche ebenfalls von Dannenberg & Donath herausgegeben werden. [2] Dieses Heft samt meinem Beitrag wurde wiederum von der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung auch noch einmal als Sonderausgabe veröffentlicht (ebenfalls 2023). [3]
Das Fragezeichen im Titel meines Artikels ist angebracht, weil es keinen einzigen Fall gibt, in dem ein sächsischer König selbst eine Person jüdischen Glaubens in den Adelsstand erhoben hätte: In Sachsen wäre dies auf Grund des starken Antisemitismus bis zum Ende der Monarchie 1918 undenkbar gewesen. Was aber nicht bedeutet, dass es nicht auch hier (genau wie letztlich überall in Europa) Juden gab, die sich einen Adelstitel wünschten – zumindest eine Handvoll mit Erfolg. Eine wichtige Rolle spielte hierbei die Nähe zu einem bestimmten Nachbarland Sachsens.
In meinem Beitrag stelle ich erstmals im Zusammenhang alle bislang bekannten Fälle dar, in denen Juden, die in Sachsen lebten, auf die eine oder andere Weise dem europäischen Adel angehörten oder sich um eine Nobilitierung bemühten. Ein paar Sonderfälle runden das Bild ab. Die Zeit, um die es geht, reicht von Ende des 18. Jahrhunderts bis in eben jenes Jahr 1918, das noch eine Adelsverleihung an einen sächsischen Industriellen jüdischer Konfession sah. Auch die Schicksale einiger der besprochenen Familien bis in die jüngere Vergangenheit behandle ich kurz (die meisten Nachkommen der wenigen jüdischen Adligen, die es in Sachsen einmal gab, dürften heute in Großbritannien, den USA und weiteren englischsprachigen Ländern leben).
Vor allem behandle ich die folgenden Personen bzw. Familien:
- Wolf Jonas Eibeschütz alias Freiherr Wolff von Adlersthal (ca. 1740–1806)
- Carl (Freiherr von) Kaskel (1797–1874)
- Gustav Klemperer (Edler von Klemenau) (1852–1926); siehe auch auf dieser Website juedischer-adel.de/klemperer-von-klemenau
- Oskar (Freiherr von) Kohorn (zu Kornegg) (1882–1963)
- Adolph(e) (von/de) Meyer (1868–1948), der tatsächlich einen sächsischen Adelstitel trug, allerdings entgegen anderslautenden Berichten kein Jude war
- Georg (von) Mendelssohn (1886–1955)
- mehrere Barone von Günzburg
Ergänzt werden kann mittlerweile, dass das kaiserliche Adelsdiplom für Eibeschütz von 1776 als Digitalisat des französischen Nationalarchivs online verfügbar ist. [4] Dem Anschein nach handelt es sich dabei tatsächlich um die originale Ausfertigung für den (auf Grund seines jüdischen Glaubens nur kurzzeitigen) Adelserwerber. Im Archivinformationssytem des Österreichischen Staatsarchivs findet sich noch die Angabe, das Original (das Eibeschütz als nicht konvertierter Jude zurückgeben sollte und das sich 1778 nachweislich wieder in Wien befand) sei verschollen. [5]
[1] Kai Drewes, Jüdischer Adel in Sachsen?, in: Lars-Arne Dannenberg u. Matthias Donath (Hgg.), Lebensbilder des sächsischen Adels, Bd. 5: Aufstieg und Integration in den Adel, Königsbrück 2021, S. 99–120.
[2] Ders., Jüdischer Adel in Sachsen?, in: Sächsische Heimatblätter, H. 1/2023 (Themenheft „Gekommen, um zu bleiben. Migration nach Sachsen im historischen Kontext“), S. 63–74.
[3] Angaben zu dieser Sonderausgabe gibt es unter https://shop.slpb.de/pub_online/230-gekommen-um-zu-bleiben-migration-nach-sachsen-im-historischen-kontext.html.
[4] Beschreibung: http://www2.culture.gouv.fr/public/mistral/caran_fr?ACTION=CHERCHER&FIELD_1=REF&VALUE_1=AF-100047.
[5] Siehe https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=2725654.