Wittal

Konfession: jüdisch

Adelstitel: wohl nicht vorhanden

Über den »Baron Kain de Wittal« (in Schweden auch: »Vital«), offenbar ein Hochstapler, ist nur wenig bekannt. 1796 erklärte er den Bremer Behörden, er stamme aus »Baschadzara in der Krim«, sei 1768 geboren und Sohn des dort auf einem Gut ansässigen »Baron Aaron de Wittal«; der Adelstitel sei ihrem Vorfahren, einem portugiesischen Juden, von Kaiser Karl V. (also in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts) verliehen worden. [1] Bei Wittals angeblichem oder tatsächlichem Herkunftsort handelt es sich gewiss um Bachtschyssaraj, die Hauptstadt des bis zur russischen Annexion von 1792 bestehenden Krim-Khanats.

Ebenfalls 1792 begann Wittals kurze Karriere als schillernder Financier in Stockholm und anderen wichtigen Städten Nordeuropas. Er unterhielt Beziehungen unter anderem zum Herzog von Södermanland (dem schwedischen Prinzregenten und späteren König Karl XIII.) und wurde 1793, nicht zuletzt wegen seines angeblichen Adelstitels, sogar einmal für Schweden in diplomatischer Mission nach Sankt Petersburg geschickt. Bereits 1794 wurde er in Kurhannover auf schwedischen Antrag wegen Betrugs und Bankrotts festgenommen, 1798 zu zehn Jahren Zuchthaus in Stade verurteilt.

Das bislang letzte bekannte Lebenszeichen Wittals stammt von Anfang 1800. Unter anderem in der National-Zeitung der Deutschen war zu lesen:

Ein jüdischer Baron im Zuchthause.
Ein gewisser jüdischer Baron Cain de Wittal wurde vor einigen Jahren auf Ansuchen des schwedischen Hofes, an welchen er eine große Schuldforderung machen wollte, von Hannover angehalten und saß bey Bremen gefangen. Noch während dieser Gefangenschaft machte er fürstlichen Aufwand, welcher einen ungeheuren Bankrott und ein Urtheil zur Folge hatte, welches ihn zu 10jähriger Karrenstrafe verurtheilte. Nur seinem schwächlichen Körper hat er es zu vedanken, daß er jetzt nach dem Cellischen Zuchthause abgeführt worden ist. Er hat noch immer sehr hochfliegende Ideen und will z. B. Veranlassung zu dem letzten Schwedisch-Russischen Kriege gegeben haben. [2]

Danach verliert sich seine Spur.

In seinem Erscheinungsbild soll Wittal jüdische Traditionen und modische Eleganz auf eindrucksvolle Art miteinander verbunden, im Übrigen die jüdischen Riten genau eingehalten haben. Sein Schwiegervater war der livländische Ritterschaftskommissar Samuel Simon genannt Schmuel. [3]

Literatur: Bernt von Schinkel, Minnen ur Sveriges nyare historia, hg. von Carl Wilhelm Bergman, T. 3: Förmyndar-Regeringen (1792–1796), Stockholm 1853, S. 94–97; Peter Deeg, Hofjuden, hg. von Julius Streicher, Nürnberg 1939, S. 31–37 (antisemitisch!; zwischen S. 34 u. 35 Abbildung eines zeitgenössischen Porträts samt Schriftzug »Baron de Wittal« aus einer Akte des Staatsarchivs Hannover)

[1] Deeg, Hofjuden, S. 32f. (mit Zitaten aus dem Protokoll von 1796).

[2] National-Zeitung der Deutschen vom 30. Januar 1800, Sp. 101f.; desgleichen Münchner Oberdeutsche Staatszeitung vom 7. Februar 1800 (unpaginiert). Mit dem Krieg muss derjenige zwischen Russland und Schweden 1788 bis 1790 gemeint sein.

[3] Dieser war ein Verwandter des Bankiers und kurländischen Hofjuden Lipmann (Tatjana Aleksejeva, Jüdisches Schicksal im Herzogtum Kurland im 17. und 18. Jahrhundert, in: Erwin Oberländer [Hg.], Das Herzogtum Kurland 1561–1795. Verfassung, Wirtschaft, Gesellschaft, Bd. 2, Lüneburg 2001, S. 239–276, hier S. 255).