»It will be a terrible thing if we English
go to war with us Germans.« [1]
Sir Edgar Speyer, Baronet, im Dezember 1912

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wappen-juedischer-adelsfamilienSie finden hier Informationen zum Thema jüdischer Adel und zu meinem gleichnamigen Buch. Ein wichtiger Bereich sind die Angaben zu den einzelnen Adelsverleihungen an Personen jüdischen Glaubens sowie jüdischer Herkunft. Diese werden unregelmäßig ergänzt – was einen hohen zeitlichen Aufwand bedeutet, wegen der Zahl der Fälle und entsprechenden (oft seltenen) Quellen und auch, weil ich das Projekt rein privat fortsetze.

Judentum und Nobilitierung: eine faszinierende Geschichte scheinbarer Gegensätze und tatsächlicher Spannungsverhältnisse. Ob Juden geadelt werden konnten und wollten und wie geadelte Juden von Juden und Nichtjuden wahrgenommen wurden, daran lässt sich einiges zeigen darüber, wie sich Unterschiede zwischen Juden und Nichtjuden abschliffen und wie Monarchen, Minister und andere mit jüdischen Minderheiten umgingen.

Worum es geht, sind Fragen von Zugehörigkeiten und Anerkennung beziehungsweise Ausschluss. Kein Wunder, dass Adelsverleihungen an Juden ein starker Symbolcharakter zugesprochen wurde, hoffnungsvoll oder ablehnend. Nicht von ungefähr lassen sich gewisse Parallelen zu heute feststellen, wenn es um Akzeptanz und Selbstverständnis von Minderheiten geht, festgemacht an Erfolgen und Auszeichnungen prominenter Vertreterinnen und Vertreter.

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Kai Drewes

buchcover

[1] Zit. nach Rudolf Muhs, Jews of German Background in British Politics, in: Werner E. Mosse et al. (Hg.), Second Chance. Two Centuries of German-speaking Jews in the United Kingdom (= Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Instituts, Bd. 48), Tübingen 1991, S. 177–194, hier S. 190 (zur Glaubwürdigkeit des Zitats ebd., S. 190f., Anm. 77).

Aktuelle Artikel

Stiebel

Konfession: jüdisch (?), evangelisch

Adelstitel: 1869 sachsen-meiningischer Adelsstand für Heinrich (von) Stiebel (1823–1903), Rentier und vormals kaiserlich mexikanischer Konsul in Frankfurt am Main; 1870 preußische Genehmigung zur Führung des Adelstitels

Über den Adelserwerber Heinrich Herz (von) Stiebel und seine engere Familie war bislang nur wenig bekannt. Stiebel stammte aus einer in Frankfurt alteingessenen und weitverzweigten jüdischen Familie, die seit Mitte des 18. Jahrhunderts im Lotteriegeschäft tätig war (Näheres bei Dietz, Stammbuch). Laut Adelslexikon war er zum Zeitpunkt seiner Nobilitierung jüdischen Glaubens, eine Quelle hierfür wird jedoch nicht genannt; die Familie ist auch nie in den Gotha aufgenommen worden. Der antisemitische Almanach Semi-Gotha bezog sich 1912 nur auf Dietz und nannte den Adelserwerber und seine Familie pauschal »[m]osaisch«. [1]

In der schmalen Akte des Preußischen Heroldsamtes zum Adelstitel wird Stiebels Konfession nicht erwähnt. Der Oberpräsident der Provinz Hessen-Nassau meldete 1870 nach Berlin, Heinrich Herz Stiebel, Rentier in Frankfurt, sei unverheiratet, »in sehr günstigen Vermögensumständen«, früher Lotterie-Haupt-Collekteur in Frankfurt und kaiserlich mexikanischer Konsul, seine Führung und politische Haltung seien nicht zu beanstanden. [2] In seinem vorangegangenen Gesuch an den König um Anerkennung seines ausländischen Adelstitels hatte Stiebel selbst unter anderem erwähnt, er sei »bis zu Ende des Kaiserreiches Mexiko«, also 1867, dessen Konsul in Frankfurt gewesen, Inhaber des kaiserlich mexikanischen Ordens Unserer Lieben Frau von Guadeloupe, Ritter des württembergischen Friedrichs-Ordens, des großherzoglich hessischen Ordens Philipps des Großmütigen und des herzoglich sachsen-ernestinischen Hausordens. [3]

Nur kurz nach der Anerkennung seines Adelstitels in Preußen heiratete Stiebel. Das Fremden-Blatt schrieb Anfang 1870: »Aus Wiesbaden meldet man: Frl. Hermine Ott hat sich mit einem der angesehensten Bürger Frankfurts, Herrn Konsul v. Stiebel, verlobt und wird demzufolge in einigen Monaten der Bühne entsagen.« [4] Am 28. Juni 1871 kam der Sohn Karl von Stiebel zur Welt, der 1891 am Städtischen Gymnasium in Frankfurt das Abitur bestand. Im Schulprogramm wurde er als evangelisch bezeichnet. [5] Über das weitere Leben des Sohns, der Rechts- und Staatswissenschaften studieren wollte, ist nichts bekannt, nur dass er um 1900 von Frankfurt aus Mitglied des Mitteleuropäischen Motorwagen-Vereins war. [6]

Heinrich von Stiebel ist also sehr wahrscheinlich zu einem noch unbekannten Zeitpunkt zum Christentum konvertiert, möglicherweise im Zusammenhang mit seiner Heirat (seine Frau dürfte nichtjüdischer Herkunft gewesen sein), vielleicht aber auch schon früher und vor der Nobilitierung. Die 1842 geborene Hermine geb. Otto (nicht Ott) war Opernsängerin gewesen und soll aus Wien gestammt haben. [7]

Laut Adelslexikon war Stiebel auch Bankier. Diese Angabe muss aber noch näher geprüft werden. Dem Frankfurter Adressbuch von 1877 ist zu entnehmen, dass er dem Aufsichtsrat der Deutschen Creditbank angehörte und unter seiner Privatadresse (in allerbester Frankfurter Lage, nämlich in der Taunusanlage 12) als Kaufmann bezeichnet wird. [8] Ob er auch Teilhaber der Bank war? Die Bezeichnung Bankier hat er jedenfalls selbst offenbar nicht gebraucht.

»Konsul H. von Stiebel« starb 1903. [9]

Literatur: Adelslexikon, Bd. 14 (2003) (= Genealogisches Handbuch des Adels, Bd. 131), S. 120; Maximilian Gritzner, Standes-Erhebungen und Gnaden-Acte deutscher Landesfürsten während der letzten drei Jahrhunderte. Nach amtlichen Quellen gesammelt und zusammengestellt, Bd. 2, Görlitz 1881, S. 645 — Über die Familie siehe Alexander Dietz, Stammbuch der Frankfurter Juden. Geschichtliche Mitteilungen über die Frankfurter jüdischen Familien von 1349–1849 nebst einem Plane der Judengasse, Frankfurt/M. 1907, S. 299–302

Internetressourcen: genealogische Angaben zu Heinrich Herz Stiebel unter https://www.geni.com/people/Heinrich-Stiebel/6000000017824930713 und https://gw.geneanet.org/alanguggenheim?lang=en&n=stiebel&oc=0&p=heinrich+herz (mit Angaben der Geburts- und Heiratsdaten von ihm und seiner Frau)

[1] Weimarer historisch-genealoges Taschenbuch des gesamten Adels jehudäischen Ursprunges [...], Bd. 1 (1912), S. 528.

[2] Der Oberpräsident der Provinz Hessen-Nassau (i.V.) an das Heroldsamt in Berlin, Kassel 26. März 1870. GStA PK, I. HA Rep. 176 Heroldsamt VI S Nr. 183 (unfoliiert).

[3] Immediatgesuch Stiebels, Frankfurt am Main 18. Februar 1870. Ebd. (unfoliiert).

[4] Fremden-Blatt vom 21. Jänner 1870, Morgen-Blatt, I. Beilage (unpaginiert).

[5] Alle Angaben über Karl von Stiebel nach Programm des städtischen Gymnasiums zu Frankfurt a. M. Ostern 1892, Frankfurt/M. 1892, S. 35. Für den Hinweis danke ich Familie Schwartzkopff (Frankfurt am Main).

[6] Zeitschrift des Mitteleuropäischen Motorwagen-Vereins, Bd. 1 (1902), S. 441.

[7] So eine kurze Notiz in Der Ungar. Pesth-Ofner Localblatt, Nr. 233 vom 10. Oktober 1862, S. 939, wonach sie, eine begabte Mezzosopranistin, in Riga Publikumsliebling sei. Aus der Zeit um 1860 gibt es weitere kurze Meldungen zu ihr in verschiedenen Zeitungen.

[8] Adress-Buch von Frankfurt a. M. [...] 1877, hg. von Georg Friedrich Krug, Frankfurt/M. 1877, S. 415 u. 818.

[9] Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main 1904, Frankfurt/M. 1904, S. 8. Für den Hinweis danke ich Familie Schwartzkopff (Frankfurt am Main).

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